Zurück zum Kunden! Weshalb zu großes Branchenwissen den eigenen Erfolg gefährden kann.

Was ist meinen Kunden besonders wichtig? Auf diese Frage kann insbesondere in der Fertigteilindustrie jeder Unternehmensmanager sofort zwei, drei Antworten geben. Weshalb diese schnellen Antworten aber sogar gefährlich für die eigene Unternehmenszukunft sein können – und wie man mit dieser Gefahr umgehen kann, wird in diesem Artikel näher erläutert.

Heino Hilbig, Mayflower Concepts, Deutschland

Im letzten Jahr war es wieder soweit – einer unserer Beratungskunden musste wegen zu großem Erfolg anbauen. Aus 20.000 Quadratmetern Hochregalfläche mussten 40.000 werden. Das kam nicht wirklich überraschend: Unser Kunde hatte diesen Anbau schon bei der Erstellung des Ursprungsgebäudes mit eingeplant. Eine optisch identische Halle sollte sich nahtlos an den Ursprungsbau anschließen. Eigentlich wäre dieser Auftrag für das erstausführende Unternehmen ein Selbstgänger gewesen: Der Generalunternehmer war einer der Branchenführer und hatte sicher genug Erfahrung. Man kannte den Kunden aus der ersten Zusammenarbeit. Man kannte das Gelände und man hatte den Bauplan eigentlich schon fertig in der Tasche. Die verantwortlichen Manager dieses Unternehmens konnten also das, was dem Kunden wichtig ist, ganz schnell an einer Hand abzählen.

Zu schnell möglicherweise. Denn am Ende ging der Auftrag zur Erweiterung an einen Konkurrenten.

Ich kann mir gut vorstellen, wie die interne Diskussion zu diesem sicher geglaubten Auftragsverlust bei diesem Unternehmen verlief: „Es ging vermutlich nur noch um den Preis – da konnten wir nicht mehr mithalten“ analysiert der Vertriebsleiter. „Wir sind ohnehin ausgelastet – die Termine wären möglicherweise viel zu eng gewesen“ beschwichtigt der Produktionsleiter. „An uns lag es nicht“ – mit diesen Pseudoerklärungen vergibt das Unternehmen die Chance, aus dem Auftragsverlust zu lernen. Eine leider verbreitete Reaktion, die wenn es ganz schlecht läuft, Unternehmen sogar zerstören kann.

Denn tatsächlich lagen die Ursachen für die Auftragsvergabe an einen Wettbewerber ganz woanders. Die fehlende Chemie zwischen Bauleitung und Kunde spielten ebenso eine Rolle wie die Art, wie beim ersten Auftrag auf Baumängel reagiert wurde und - nicht zu vergessen - die Zuverlässigkeit bei der Termineinhaltung.

Wer als Unternehmer oder Manager nicht in die Falle laufen will, den richtigen Zeitpunkt zum Handeln zu verpassen, braucht ein Frühwarnsystem, das ihm hilft, die Bedürfnisse seiner Kunden frühzeitig zu erkennen. Eine Alternative zum Verlass auf interne Einschätzungen sind professionell durchgeführte Kundenbefragungen. Allerdings gilt es dabei, einige Regeln zu beachten, die sich in anderen Branchen bewährt haben.

Nur externe Kundenbefragungen liefern brauchbare Ergebnisse

Immer wieder erlebe ich, dass Unternehmer und Manager selbst per E-Mail oder durch die Außendienstkollegen Kundenbefragungen durchführen wollen oder sich gar auf das Ergebnis einfacher Sternchen-Bewertungen („Wie bewerten Sie unsere Leistung?“) verlassen. Aber mal ehrlich: Wann haben Sie das letzte Mal einem Kellner das Trinkgeld verweigert und ein Gericht zurückgehen lassen, weil Preis-Leistung nicht stimmten? Die übliche (und normale!) Reaktion ist doch eher, die Frage, ob es geschmeckt habe, zu bejahen und sich zukünftig ein anderes Restaurant zu suchen. Eine ehrliche Antwort, die das Restaurant zu denkbaren Verbesserungen führt, sieht anders aus! Weshalb sollten sich Ihre Kunden dann anders verhalten?

Gut heißt nicht unbedingt wichtig!

Ein weiterer Fehler vieler Befragungen besteht darin, nur die Bewertung eines Kunden abzufragen, ohne zu berücksichtigen, wie relevant der jeweilige Service für den Kunden ist. Bleiben wir noch einen Moment bei dem Restaurant-Beispiel: Wenn Sie in einem Sterne-Restaurant auf Ihr Essen warten, hat jeder Punkt hohe Relevanz für Sie: Geschmack und Optik des Essens spielen eine ebenso große Rolle wie der Service, die Tischdekoration oder das Ambiente des Restaurants selbst. Wenn hier z. B. der Service nicht stimmt, ist das teure Sterne-Restaurant insgesamt durchgefallen. Ganz anders bei dem kleinen Italiener, den Sie im letzten Italien-Urlaub in einer Seitenstraße gefunden haben: Die Weinauswahl war eher mager, die Auswahl der Speisen gängig, die Optik der Tischdekoration kaum erwähnenswert – aber all das zählt nicht: Der Geschmack, das Ambiente und der freundliche Besitzer haben für Sie dort eine wesentlich höhere Relevanz und hinterlassen deshalb ein positives Gesamtergebnis bei Ihnen.

Reine Like-Befragungen verleiten zu falschen Schlüssen

Würde der Besitzer des kleinen Italieners nun Kundenumfragen durchführen, erhielte er vermutlich für seine Tischdekoration, sein Menü oder die Weinauswahl katastrophale Bewertungen. Und vermutlich würde er so zu dem Schluss kommen, dass er all das ändern müsse, um sich zu verbessern. Ein fataler Fehlschluss, denn am Ende investiert er Zeit und Geld in Maßnahmen, die eigentlich kaum etwas mit seinem Unternehmenserfolg zu tun haben.

Neuere Kundenbefragungs-Tools wie die Korrelationsanalyse „Channel Insights“ berücksichtigen dies, indem sie über eine Online-Befragung ein möglichst komplettes Bild aller Kontaktpunkte eines Unternehmens zeichnen. Dies ist besonders wichtig, denn die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit eines Kunden speist sich eben nicht nur aus Preis und Produkt, sondern aus einer Vielzahl von Interaktionen, die ein Unternehmen mit seinen Kunden und Partnern hat. Dabei werden Produktqualität und Preis ebenso hinterfragt wie Marketing-Maßnahmen, die Reklamationsbearbeitung, die Disposition, die Lieferpünktlichkeit oder auch der persönliche Kundenkontakt – eben alle denkbaren Kontaktpunkte, bis ein Gesamtbild sämtlicher Unternehmensmaßnahmen entsteht. (s. Abb. 1)

Anhand der Antworten errechnet das System dann die Relevanz einer jeden Einzelmaßnahme und bildet diese in übersichtlichen Charts (Abbildungen 1-3) ab, aus denen dann sofort der konkrete Aktionsplan abgelesen werden kann: In der (simulierten) Abb. 2 beispielsweise wurden die Kontaktpunkte im Bereich Disposition abgefragt. Die telefonische Erreichbarkeit und die persönliche Kompetenz des Ansprechpartners waren dabei die für Kunden relevantesten Punkte, deren Verbesserung das Unternehmen insgesamt am meisten voranbringen würde. Das Online-Buchungssystem hingegen war zwar sehr gut bewertet, ist jedoch recht unwichtig für die befragten Kunden. Hier könnte man vermutlich sogar Ressourcen einsparen bzw. auf andere Bereiche umwidmen, ohne einen Qualitätsverlust in der Kundenbeziehung zu riskieren.

Wenn das Produkt nur noch über den Preis verkauft wird: Wodurch definiert sich Kundenloyalität?

Ein besonderes Problem im Bereich der Betonfertigteile ist die Vergleichbarkeit des Produktes. Wie eigentlich alle Branchen mit identischen oder sogar normierten Produkten tendieren auch einzelne Unternehmen aus dem Bereich Fertigteile dazu, Kundenzufriedenheit nur noch über den Preis herstellen zu wollen. Ein großes Problem dabei ist die typische Frage, wie sicher das eigene Geschäft langfristig ist – und wie loyal die eigene Kundenbasis, wenn der Preis das einzige Unterscheidungsmerkmal darstellt. Auch hier bieten Kundenbefragungs-Tools wie Channel Insights praktische Unterstützung (Chart 3): Mit wenigen Zusatzfragen können wechselwillige Kunden von loyalen unterschieden werden, sodass ermittelt werden kann, was diese zu treuen Kunden gemacht hat.

Was hindert Unternehmen, Kunden zu befragen?

Trotz aller Vorzüge: Es ist immer wieder überraschend, wie wenige Unternehmen, insbesondere im Business-to-Business-Bereich, die Chancen nutzen und externe Kundenbefragungen in ihrem Strategieprozess einsetzen.

Eine Erklärung könnte sein, dass man aufgrund der kleineren Anzahl meint, jeden Kunden persönlich zu kennen. Ein fataler Irrtum, wie die Erfahrung zeigt: So erkannte ein Handelsunternehmen nach einer Umfrage, dass die Kunden in Deutschland völlig andere Kontaktwege (Besuch, Anruf, E-Mail) bevorzugten als die Kunden anderer Länder. Eine Erkenntnis, die sich für unseren Auftraggeber umsatzsteigernd auswirkte.

Eine andere Option könnte sein, dass Unternehmen den Gedanken an Kundenbefragungen mit großem Aufwand für die eigene Organisation oder zur notwendigen DSVGO-konformen Übergabe von Kundendaten verbinden. Beide Befürchtungen sind unnötig. Bei Channel Insights zum Beispiel werden überhaupt keine Kundendaten mehr herausgegeben: Alle Kundendaten bleiben beim Auftraggeber. Und der Aufwand für seine Organisation beschränkt sich im Wesentlichen auf einen Workshop-Tag vorweg sowie die Präsentation der Ergebnisse nach der Umfrage. Keinesfalls zu viel, um Kunden zufriedenzustellen, sollte man meinen.

Zusammenfassung:
• Auch als B2B-Unternehmen mit langjährigen Kundenbeziehungen sollten Sie Kundenpflege zu den unverzichtbaren strategischen Aufgaben rechnen. Gute Kenntnisse über die eigenen Kunden sind in vielen Branchen heute schon der Schlüssel zum Erfolg.
• Kundenbefragungen sollten von erfahrenen externen Dienstleistern durchgeführt werden, um Neutralität zu wahren und beeinflussende Fragestellungen zu vermeiden.
• Kundenbefragungen müssen unbedingt immer zweidimensional erfolgen, also neben der Frage der Bewertung einer Maßnahme sollte immer auch die Relevanz der Maßnahme für den Kunden ermitteln bzw. abgefragt werden.
• Achten Sie unbedingt darauf, Kunden nur DSVGO-konform zu befragen. Hierzu gehört ein Auftragsverarbeitungsvertrag. Oder Sie suchen sich einen Dienstleister, bei dem Sie überhaupt keine Kundendaten herausgeben müssen.

Kontakt

Channel Insights
Eine Kundenbefragung der Unternehmensberatung united consultancy mit der Besonderheit, dass die Relevanz für den Kunden nicht abgefragt, sondern über Korrelationen errechnet wird.
https://www.united-channel-insights.de/

www.mayflower-concepts.com
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