Vom 3-Stoff-System zum 5-Stoff-System

In allgemeinen Zeitschriften oder Medien liest, bzw. hört man häufig, dass Beton aus Sand, Kies, Zement und Wasser besteht. Wenn man Sand und Kies als eine Einheit betrachtet, so spricht man von einem 3-Stoff-System. In den ersten Anfängen der industriellen Betonherstellung war der überwiegende Teil der Betone in ein solches 3-Stoff-System einzuordnen. Das hat auch jahrelang bis zu gewissen Grenzen sehr gut funktioniert. Erst seitdem Forscher und Betontechnologen sich an die Grenzen des Machbaren herangetastet haben, stellte man fest, dass unter Zuhilfenahme von Betonchemie (Zusatzmitteln) und fein verteilten pulverförmigen Substanzen (Zusatzstoffe) die Leistungsfähigkeit von Beton noch deutlich erhöht werden konnte. Das 5-Stoff-System war geboren.

In der einschlägigen Fachliteratur und den technischen Regelwerken werden die Unterschiede zwischen Betonzusatzmitteln und -zusatzstoffen im Wesentlichen wie folgt beschrieben. Vorweg, beides wird dem Beton bereits während des Mischprozesses zugefügt:

Zusatzmittel sind flüssige oder pulverförmige Stoffe (auch Granulate), die dem Frischbeton in kleinen Mengen (i.d.R. < 5 M.-% vom Zementgehalt) zugegeben werden. Sie beeinflussen durch chemische und/oder physikalische Wirkung die Eigenschaften des Frisch- oder Festbetons wie z. B. Verarbeitbarkeit, Erstarrungs- und Erhärtungsverhalten oder den Frostwiderstand.

Typische Zusatzmittel sind Betonverflüssiger, Fließmittel, Luftporenbildner, Verzögerer, Erstarrungsbeschleuniger, Stabilisierer und Schwindreduzierer.

Die Wirkung von Zusatzmitteln wie z. B. Hochleistungsfließmitteln hält teilweise nur wenige Minuten an, kann in Abhängigkeit des verwendeten Produktes aber auch bis zu mehreren Stunden wirken (Einsatz von Abbindeverzögerern). Andere Zusatzmittel, wie zum Beispiel Luftporenbildner verändern den Beton derart, dass er auch nach dem Erhärten, und dass dauerhaft, unter dem Einfluss des Zusatzmittels steht.

Betonzusatzstoffe sind fein verteilte, mineralische oder organische pulverförmige Stoffe, die bestimmte Eigenschaften des Frisch- und Festbetons beeinflussen. Die Zugabemenge von Zusatzstoffen liegt deutlich über der von Zusatzmitteln und kann weit über 100 kg/m3 betragen. Die Zugabemenge bei Betonzusatzstoffen ist der Stoffraumrechnung zu berücksichtigen.

Zusatzstoffe dienen in erster Linie als Ersatz für Zement, um einerseits Kosten einzusparen und andererseits den ökologischen Fußabdruck des Betons zu verbessern. Einige Zusatzstoffe sind Nebenprodukte, die bei industriellen Prozessen als Abfall anfallen. Zusatzstoffe sollten idealerweise die Eigenschaften des Frisch- und oder Festbetons verbessern. Es gibt zwei unterschiedliche Typen von Zusatzstoffen. Nahezu inaktive (inerte) Stoffe wie z. B. Kalkstein- oder Quarzmehl, die als Füller dienen und puzzolanische oder latent hydraulische Stoffe wie z. B. Flugasche, Hüttensand oder Silikastaub, die sich aktiv an der Festigkeitsbildung beteiligen und die in der Regel auch die Dauerhaftigkeit und Langzeitfestigkeit des Betons positiv beeinflussen.

Viele heutige Bauwerke und Konstruktionen wären ohne Zusatzmittel und -stoffe nicht umsetzbar. Kein Beton aus einem 3-Stoff-System bestehend könnte mehrere hundert Meter in die Höhe gepumpt werden und an der Einbaustelle noch als homogene Masse ankommen. Selbstverdichtender Beton wäre ohne diese Zusätze undenkbar. Massive, teils meterdicke Betonfundamente könnten ohne eine Zugabe von Zementersatzstoffen nicht errichtet werden, ohne unter den Auswirkungen der Hydratationswärme zu reißen. Extrem dicht bewehrte Bauteile benötigen hochfließfähige Betonzusammensetzungen, um eine vollständige Ummantelung des Stahls mit Beton zu gewährleisten. Des Weiteren enthalten Betone mit besonderen Anforderungen an die Dauerhaftigkeit in der Regel einen hohen Anteil an Zusatzstoffen, mit denen sich je nach Bedarf z. B. die Bewehrungskorrosion oder Alkali-Kieselsäure Reaktion verhindern lassen.

Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Anwendung von Betonzusatzmitteln und -zusatzstoffen ist die Berücksichtigung der anerkannten betontechnologischen Regeln der Technik. So kann eine Verbesserung einer Betoneigenschaft eine Verschlechterung einer anderen zur Folge haben. Wenn man die Vorteile, aber auch die möglichen Nachteile dieser Substanzen kennt, dann kann man äußerst effiziente Betone und damit Bauwerke herstellen und die Grenzen des bautechnisch Machbaren ein Stückweit verschieben.

Auf den folgenden Seiten finden Sie verschieden Beiträge zu Produktneuheiten, Forschung, Entwicklung und Anwendung von Betonzusatzmitteln und -zusatzstoffen.

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